Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren gegen Abgabenbescheide

14.06.2023 Lesezeit: 3 Minuten Thema: Steuernews

Gemäß § 292 Bundesabgabenordnung (BAO) besteht die Möglichkeit, Verfahrenshilfe für Beschwerdeverfahren zu beantragen.

Für andere Anbringen, wie die Einreichung einer Steuererklärung, Anträge auf Zahlungserleichterungen, Anträge auf Aufhebung von Bescheiden gemäß § 299 BAO, Anträge auf Wiederaufnahme oder Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) kann keine Verfahrenshilfe beantragt werden.

Voraussetzung für Bewilligung ist einerseits, dass die Partei außerstande ist, die Kosten für das Verfahren ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und das beabsichtigte Verfahren nicht mutwillig und aussichtslos ist.

Des Weiteren ist eine Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenshilfe, dass dem Beschwerdeverfahren eine zu entscheidende Rechtsfrage von besonderer Schwierigkeit rechtlicher Art zugrunde liegt. Die Absicht des Gesetzgebers ist es, Verfahrenshilfe „nur für überdurchschnittlich schwierige, durch ständige Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechtsfragen“ zu gewähren.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) interpretiert das Gesetz jedoch so, dass alle Umstände des Falls, wie der Streitgegenstand, die begründeten Erfolgsaussichten des Rechtsschutzsuchenden, die Bedeutung des Rechtsstreites für diesen, die Komplexität des geltenden Rechts und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeiten des Rechtsschutzsuchenden, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, abzuwägen sind.

Damit kann die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht nur deshalb abgelehnt werden, weil objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt. Es kann Verfahrenshilfe auch dann zustehen, wenn komplexe Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind.

Der VfGH stellt klar, dass die Gewährung der Verfahrenshilfe im Einzelfall nicht deshalb ausgeschlossen werden kann, wenn objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat mit Beschluss vom 24.04.2023 (VH/ 3100001/2023) einen Antrag abgelehnt, da nach Ansicht des BFG keine schwierige Frage rechtlicher Art vorlag. Ob diese enge Auslegung haltbar ist, erscheint unter Berücksichtigung der VfGH-Judikatur fraglich. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier eine gesetzliche Klarstellung vornimmt.

Im Falle der Bewilligung der Verfahrenshilfe hat die Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen bzw. Rechtsanwaltskammer eine:n Steuerberater:in/Wirtschaftsprüfer:in bzw. einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu bestellen, der die kostenfreie Vertretung im Verfahren übernimmt.

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