Müssen behördliche Schriftstücke unterschrieben/signiert werden?

07.06.2023 Lesezeit: 3 Minuten Thema: Steuernews

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom 09.03.2023 (G 295/2022-10) eine Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) aufgehoben, wonach Ausfertigungen, die im Wege automatisationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden, keiner Unterschrift oder Beglaubigung durch die Behörde benötigen.

Aufgrund dieser Bestimmung des § 47 AlVG konnten Bescheide erlassen werden, welche keine Unterschrift und auch keine Amtssignatur enthalten haben.

Nach Meinung des VfGH ist die im Jahr 2004 eingeführte Amtssignatur mittlerweile verbreitet, geläufig und bewährt.

Somit ist ein Bescheid, der sich auf das AlVG stützt, jedenfalls (zumindest) mit einer Amtssignatur zu versehen, falls er nicht eigenhändig unterschrieben wird. Fehlt die Unterschrift bzw. die Amtssignatur ist das Dokument gemäß dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG W164 2266963-1, 23.05.2023) nicht als Bescheid zu werten.

In der Folge stellt sich natürlich die Frage, was dieses Erkenntnis für Bescheide im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO) bedeutet.

Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen gemäß BAO mit einer Unterschrift versehen werden. Ausfertigungen, die mittels automatisationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen jedoch keiner Unterschrift. Sie gelten als vom Leiter der auf der Ausfertigung genannten Abgabenbehörde als genehmigt.

Fraglich ist, was alles unter automatisationsunterstützte Datenverarbeitung im Sinne der BAO fällt. Nach der Literatur und Judikatur können darunter auch Ausfertigungen fallen, die mittels Textverarbeitungsprogramms erstellt worden sind. Jedenfalls darunter fallen Dokumente, die mittels Amtssignatur versehen sind.

Das Erkenntnis des VfGH wird sich eventuell nicht ohne Weiteres auf die BAO übertragen lassen. Es ist bei Leistungen des AMS das AlVG und als Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) relevant und nicht die BAO.

Allerdings erscheint die Begründung des VfGH wonach die Amtssignatur seit der Einführung im Jahr 2004 mittlerweile als „weit verbreitet“, „geläufig“, „bewährt“ gesehen werden kann, durchaus auch für die BAO relevant.

Aus unserer Sicht wäre daher bei behördlichen Ausfertigungen, die weder eine Unterschrift noch eine Amtssignatur enthalten Vorsicht angebracht. Es sollte kritisch hinterfragt werden, ob das Dokument im Rahmen der BAO Rechtskraft entfalten kann.

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